Serotonin in Körper und Gehirn
Erstellt von r.ehlers am Samstag 21. Juni 2014
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Nervenzelle mit Axonen und Dendriten
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Axon (oben), Synaptischer Spalt (Mitte), Dendrit (unten
Serotoninwege im Gehirn
Das im Gehirn leider oft so knappe Serotonin hat zwei Einsatzbereiche: im Körper und im Gehirn.
Es ist einerseits ein Gewebshormon, zum anderen ein Transmitter – so jedenfalls heißt das in den Lehrbüchern. Auch unser Körper ist aber voller Nervenzellen. Wie ist es denn dort mit dem Serotonin?
Ist Serotonin im „Bauchgehirn“ als Gewebshormon tätig oder ist es auch dort als Botenstoff bei der Übertragung von Informationen unterwegs?
Zwei weitere Fragen werden damit aufgeworfen, ohne die wir gar nicht genau sagen können, was sich da überhaupt abspielt:
(1) Was tut Serotonin überhaupt im „Gewebe“?
(2) Wie überträgt es Informationen von Nervenzelle zu Nervenzelle?
Auch Gewebshormone sind Botenstoffe, aber solche, die nicht über Nervenbahnen an die Zellen des Körpers gelangen, sondern
- entweder über das Blut transportiert werden (endokrin)
- oder durch Diffusion in die Zellzwischenräume und von dort in die Zellen (pararkrin).
Auch die endokrine Informationsübertragung durch die Übergabe von Botenstoffen geschieht über die Zellzwischenräume, die man nach ihrem Entdecker zusammenfassend den“ Pischinger Raum“ nennt. Das ist offenbar die ursprüngliche Art der Informationsaufnahme durch Bakterien, indem sie aus der sie umgebenden Flüssigkeit die von ihnen benötigten Stoffe herausfischen. Unser Körperzellen, geschätzte 100 Billionen, sind ja nichts als Bakterien mit jeinem eigenen Zellkern, der unser Erbgut trägt. Man nennt sie eukaryotische Zellen. Diese haben früh in der Evolution gelernt, sich prokaryotische Bakterien, also solche ohne einen eigenen Zellkern zunutze zu machen, die Mitochondrien, die die Bewegungsenergie für den ganzen Körper erzeugen müssen. Im Durchschnitt arbeiten rd. 1.500 dieser Verbrennungskammern in jeder unserer Körperzellen, in der Gesamtzahl sind es somit Billiarden.
Die Evolution hat nicht nurdurch das Einspannen der Miochondrien, sondern auf vielfache weitere Weise die Bakterien umgestaltet, die sich zum Aufbau der Riesengebilde von Lebewesen zusammengefunden haben. Ohne die Kenntnis ihrer Funktionen bleibt unser Wissen über das menschliche Leben nur oberflächlich.
Gewebshormone werden im Gegensatz zu “ klassischen“ Hormonen nicht in Drüsen, sondern in spezialisierten Einzelzellen gebildet. Wenn auch nirgendwo im Körper ein Nervengewebe vorhanden ist, dass es an Komplexität mit dem zentralnervösen System, unserem Gehirn, aufnehmen könnte, gibt es doch im Verdauungstrakt und an vielen anderen Stellen, z.B. dem Sonnengeflecht (solar plexus), große Zusammenballungen von Nervenzellen, die nur im geordneten Zusammenwirkungen ihre Aufgaben erfüllen können. Wenn dort Informationen von einer Nervenzelle zur Nächsten geleitet werden, sicher aber auch, wenn von dort Nervenzellen im Gehirn erreicht werden müssen oder Informationen von dort kommen, geht das nicht über die Blutbahn oder die Zellzwischenräume, sondern unter Nutzung der Nervenbahnen der Zellen, alsoder Axone und Dendriten.
Die verschiedenen inneren Areale des Gehirns sind nicht durchblutet, sondern werden über die sie nach außen abschirmende Gehirnhaut mit den über das Blut beförderten Stoffen versorgt, zu denen auch Hormone gehören können. Sinniger Weise sind die wichtigsten Hormone, insbesondere auch das Schlüsselhormon Serotonin von ihrer Struktur her so groß, dass sie auf keinem Wege die Blut-Hirn-Schranke passieren können. Selbst die Annahme, dass man nur viel vom Hauptbaustein von Serotonin, Tryptophan, essen müsse, um genügend Serotonin ins Hirn zu bekommen,ist ein Mythos, der aber durch viele Dutzende von Angeboten in den Geschäften und Apotheken und im Internet laufend genährt wird. Tryptophan ist nämlich auch zu sperrig und kann nur unter ganz besonderen Umständen besondere Transportwege ins Gehirn besetzen, s. u.a. http://www.essenspausen.com/die-rolle-der-albumine-im-serotoninaufbau/.
Eine kleine Besonderheit gilt aber für die Serotoninmoleküle, die bei der Informationsübertragung an das Gehirn über die aus den Nerbenzellen des Körpers abgehenden Nervenbahnen auf die Synapsen innerhalb des Gehirns trffen. Sie stammen aus dem Körper. Allerdings können sie ihren Wirkungsort nicht verlassen und serotonerge Wirkungen sonstwo im Gehirn erfüllen. Sie werden nach Erledigung ihrer Funktionen entweder abgebaut oder ausnahmsweise wieder in die abgebende Nervenbahn zurückgegeben.
Eine weitere Besonderheit sollte für die Serotoninmoleküle gelten, die nach ihrer Synthese, die nach heutigem Wissen innerhalb des Gehirns ausschließlich in den Drüsen des Stammhirns, den Raphe-Kernen, erfolgt. Sie werden von diesen Drüsen in die Zellzwischenräume im Stammhin sezerniert und wandern durch die Zellwände der angrenzenden Nervenzellen in das Kommunikationsnetz der Nervenzellen.
Die Transmission von einer Nervenzelle zur anderen läuft dann immer gleich ab. Auf einen elektrischen Impuls hin, der von der informationsgebenen Zelle ausgeht, öffnen sich am Ende des Axons der Sendezelle kleine Bläschen (Vesikel), aus denen die Serotoninmoleküle herausfallen und durch den schmalen Synaptischen Spalt auf die Rezeptoren des Dendriten der aufnehmenden Zelle gelangen. Man kann sich das so vorstelen, dass mit Botenstoffen gefüllte Vesikel relativ langsam in langer Reihe durch die Nerverbahnen wandern. Wird die Übertragung der Information gewünscht, werden sie auf elektrischen Impuls hin voran getrieben, und die vordersten Vesikel am Snaptischen Spalt platzen auf.
Die Geschwindigkeit der Transmission ist also die des elektrischen Impulses, nicht die der langsamen mechanischen Wanderung der Vesikel durch das Axon. Da die Axone bis zu einem Meter lang sein können, ginge das auch gar nicht anders.
Schließlich ist noch eine dritte Besonderheit bei der Inforationsübergabe von Zelle zu Zelle zu erwähnen, die erst zum Teil erforsht ist, aber unser Bild vom Menschen insgesamt radikal zu verändern scheint: die unmittelbare Zell-Zell-Kommunikation!
-© M. Hornef/MHH-
Ein praktisches Beispiel zeigt die Abbildung: Listeria monocytogenes (Rot)-infizierte polarisierte Darmepithelzellen (Zellkerne in Blau) produzieren reaktive Sauerstoffradikale (Grün). Die Bildung reaktiver Sauerstoffradikale erlaubt die indirekte Aktivierung benachbarter Epithelzellen und damiteine kooperative Wirtsabwehr.
Dort wo sie in direktem Kontakt miteinander stehen, kommunizieren die Körperzellen auf verschiedenen Wegen miteinander. Zum einen „reden“ sie miteinander, d.h. es kommt zur Übertragung einer Information, dies sogar in drei verschiedenen „Sprachebenen„. Zum anderen tauschen sie direkt untereinander Stoffe aus, darunter auch situativ benötigte Signalmoleküle. Daneben hat man elektrische Impulse festgestellt und letztendlich wie erstmals vom Mönchengladbacher Professor . F.A.Popp gefunden die Übertragung von Lichtphotonen. Kann es sein, dass dies die uns blitzartig vorkommende Übertragung mancher sensorischer Reize durch den ganzen Körper erklärt?
So phantastisch es ist, dass wir heute schon solch tolle Details der Informationsübertragung zwischen unseren Nervenzellen kennen, so wenig wissen wir darüber, wie auf diesem Wege unsere Gefühle und unsere Gedanken hergestellt oder beeinflusst werden.Das Eigentliche entzieht sich sicherlich noch auf lange Zeit unserer Erenntnis, vielleicht gar auf ewig. Wie sagte noch der Kleine Prinz bei Antoine De Saint-Exupery:
Das Eigentliche bleibt unsichtbar.